Freitag, 19. August 2022
Einige im Arbeitsbereich geltende Beträge sind in den letzten Jahren kaum oder gar nicht angepasst worden. Dazu gehört beispielsweise auch die Höchstgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (Geringfügigkeitsgrenze). Diese beträgt bereits seit 2013 unverändert 450 € pro Monat. Allerdings sind seitdem die Löhne und Gehälter in Deutschland im Durchschnitt deutlich gestiegen. Damit war es an der Zeit für die Politik, die Höchstgrenze der aktuellen Lohnsituation anzupassen.
Laut dem Bundesminister für Arbeit und Soziales sei ein armutsfester Mindestlohn eine Frage der Leistungsgerechtigkeit und des Respekts vor ehrlicher Arbeit. Das soll den Bürgern durch die Erhöhung zu verstehen gegeben werden und auch mehr Motivation schaffen, denn von der Erhöhung profitieren letztendlich mehr als sechs Millionen Menschen in Deutschland und damit rund 22 % aller Beschäftigungsverhältnisse. Zudem soll damit die allgemeine Kaufkraft gestärkt und ein Impuls für die wirtschaftliche Erholung gesetzt werden. Insbesondere durch die aktuelle Situation in der Wirtschaft, bedingt durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine, hat dies an Bedeutung gewonnen.
Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland liegt momentan bei einem Wert von 10,45 € brutto pro Stunde. Zum 1.10.2022, also zeitgleich mit der Erhöhung der Geringfügigkeitsgrenze, wird der Mindestlohn auf einen Bruttostundenlohn von 12 € erhöht. Der Betrag gilt unabhängig von der jeweiligen Arbeitszeit und dem Umfang der Beschäftigung sowohl im gewerblichen Bereich als auch in den Privathaushalten. Vorrangiger Zweck des Mindestlohns ist es, jedem Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Monatseinkommen zu gewährleisten.
Wer aufgrund eines Branchenmindestlohns durch einen festgeschriebenen Tarifvertrag bezahlt wird, der wird weiterhin nach diesem bezahlt, wenn er den Wert des gesetzlichen Mindestlohns überschreitet.
Grundsätzlich schlägt nach dem Mindestlohngesetz die Mindestlohnkommission, in der Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten sind, die Mindestlohnanpassung vor, die dann per Rechtsverordnung verbindlich wird. Mit dieser gesetzlichen Erhöhung weicht die Bundesregierung in diesem Jahr einmalig vom vereinbarten Vorgehen ab. Zukünftige Anpassungen erfolgen wieder auf Vorschlag der Mindestlohnkommission. Voraussichtlich erfolgt dies, zum jetzigen Stand, erstmals wieder zum 30. Juni 2023 mit Wirkung zum 1.1.2024.
Anspruch auf Auszahlung des Mindestlohns haben grundsätzlich alle Arbeitnehmer ab 18 Jahren. Auch Ausländer werden nach dem Mindestlohn bezahlt, wenn diese in Deutschland als geringfügig Beschäftigte arbeiten. Bei den Arbeitnehmern, die einen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns haben, muss es sich immer um Arbeitnehmer im Sinne des Mindestlohngesetzes handeln. Dazu gehören nicht
Wer anspruchsberechtigt ist, dem muss der Mindestlohn ausgezahlt werden. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer haben eine legale Möglichkeit, von dem Betrag als Untergrenze nach unten hin abzuweichen. Ausnahmen für die Anwendung eines geringeren Mindestlohns gibt es nicht. Sollte der Arbeitgeber trotzdem weniger zahlen, kann das mit hohen Geldbeträgen bestraft werden.
Auch Praktikanten können Anspruch auf Auszahlung des Mindestlohns haben, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Ein Praktikum liegt nicht vor, wenn es sich um eine vollwertige Berufsausbildung handelt, sondern nur, wenn das Praktikum zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht. Zu den Praktikanten, die keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben, gehören jene,
Die Anhebung des Mindestlohns wirkt sich auch auf die geringfügig entlohnte Beschäftigung aus – die sog. „450 €-Jobs" oder auch „Minijobs". Damit eine Wochenarbeitszeit von zehn Stunden mit Mindestlohnbezahlung möglich ist, wird mit dem Gesetzentwurf die Geringfügigkeitsgrenze auf 520 € im Monat erhöht. Sie wird künftig mit jeder weiteren Erhöhung des Mindestlohns gleitend angepasst. Die Erhöhung gilt, wie auch die Erhöhung des Mindestlohns, ab dem 1.10.2022.
Damit rechtlich ein Minijob vorliegt, darf die monatliche Betragsgrenze von 520 € nicht überschritten werden. Davon ausgenommen sind jedoch unvorhersehbare gelegentliche Überschreitungen. Bisher orientierte sich die Berücksichtigung dieser an den Geringfügigkeits-Regelungen, nun werden die jedoch gesetzlich geregelt. Als gelegentlich gilt demnach eine Überschreitung von bis zu zwei Monaten pro Zeitjahr. In diesen beiden Monaten darf der Verdienst jeweils das Doppelte der Geringfügigkeitsgrenze betragen, also höchstens 1.040 €. In einem Zeitraum von 12 Monaten beträgt der Verdienst demnach im Regelfall 6.240 €, im Ausnahmefall maximal 7.280 €.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die geleisteten Arbeitszeiten von Minijobbern aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen anschließend zwei Jahre lang aufzubewahren, um sie bei einer Prüfung des Zolls vorlegen zu können. Diese Aufzeichnungen sind grundsätzlich nicht an eine bestimmte Form gebunden und können sowohl elektronisch als auch schriftlich geführt werden. Lediglich Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sind zu erfassen, nicht jedoch die exakte Lage und Dauer der einzelnen Pausen. Verstöße gegen Verpflichtungen - wie zum Beispiel die notwendige Dokumentation der Arbeitszeit - können mit bis zu 30.000 € geahndet werden. Außerdem kann das Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Für Minijobber in Privathaushalten und bei der Beschäftigung von engen Familienangehörigen – Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers – besteht dagegen keine Aufzeichnungspflicht.
Der Arbeitgeber trägt die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung. Für jeden Arbeitnehmer sind Abgaben in Höhe von 28 % an die Minijobzentrale abzuführen.
Lässt sich der jeweilige Arbeitnehmer nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien, kommen für den Arbeitnehmer 3,6 % Abgaben seines Verdienstes dazu. Er erhält aber dafür auch alle Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Zu dem gezahlten Mindestlohn können noch zusätzliche Zulagen und Zuwendungen des Arbeitgebers kommen, die auf den Mindestlohn angerechnet werden müssen.
Zu den anrechenbaren Zulagen und Zuwendungen gehören Zahlungen an den Arbeitnehmer für überdurchschnittlich qualitative oder quantitative Ergebnisse pro Zeiteinheit, sog. Akkordprämien. Außerdem gehören auch Zahlungen aufgrund von erschwerten oder gefährlichen Arbeitsbedingungen sowie Arbeit zu besonderen Zeiten durch Überstunden, Schichtdienst oder Arbeit an Feier- oder Sonntagen dazu. Auch Jahressonderzahlungen, wenn diese vorbehaltslos und unwiderruflich gezahlt werden, wie beispielsweise Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.
Zu den anderen nicht anrechenbaren Zuwendungen gehören noch Kosten, die dem Arbeitnehmer aufgrund einer Entsendung anfallen, wie typischerweise Reise-, Unterbringungs- oder Verpflegungskosten. Aufwandsentschädigungen und Sachbezüge sind ebenfalls nicht anrechenbar. Zahlt der Arbeitgeber vermögenswirksame Leistungen oder erhält der Arbeitnehmer Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge, dürfen auch diese nicht angerechnet werden, da sie keine unmittelbare Gegenleistung für die erbrachte Arbeit des Angestellten darstellen. Gleiches gilt für Trinkgelder, auch diese sind nicht als Arbeitsentgelt zu bewerten.
Ein sog. „Midijob" stellt eine Beschäftigung im Übergangsbereich dar, denn es handelt sich dabei weder um einen Minijob noch um eine reguläre Beschäftigung. Dem Arbeitnehmer wird mit der festgelegten Ober- und Untergrenze aber ein großer Spielraum bei dem potenziellen Verdienst gegeben. Bei mehreren Arbeitsverhältnissen, ist das insgesamt erzielte Entgelt maßgebend für die Einordnung des Arbeitsverhältnisses. Dazu gehören auch potenzielle Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Im Gegensatz zum Minijob sind hier aber Abgaben zur Sozialversicherung zu leisten und die Einnahmen zu versteuern. Zuständig sind auch nicht mehr die Minijobzentralen, sondern die jeweiligen Krankenkassen.
Die Höchstgrenze wird von bisher 1.300 € auf 1.600 € mit Wirkung zum 1.10.2022 angehoben. Dazu wird der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 % angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen. Die Arbeitnehmer erhalten einen höheren Brutto- und damit auch Nettolohn. Für den Arbeitgeber hat dies einen transparenten und linear verlaufenden Tarif zur Folge.
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