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THEMENINFO - Verfahrensdokumentation Integration der E-Rechnung

Mittwoch, 18. September 2024

Unternehmen benötigen eine Verfahrensdokumentation. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um ein größeres Unternehmen, einen Kleinunternehmer oder eine Freiberuflerpraxis handelt.

Verfahrensdokumentation – das Handbuch für unternehmerische Rechnungswesenprozesse

Unternehmen benötigen eine Verfahrensdokumentation. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um ein größeres Unternehmen, einen Kleinunternehmer oder eine Freiberuflerpraxis handelt. Meldet sich die Finanzverwaltung zur Betriebsprüfung an, muss jedes Unternehmen eine Verfahrensdokumentation vorlegen können. Bei Nichtvorlage kann neben der Unzufriedenheit des Betriebsprüfers eine Hinzuschätzung oder Vollschätzung des Unternehmensergebnisses bis hin zur Einleitung von Ordnungswidrigkeits- oder Strafverfahren drohen.  

Für die einen stellt die Pflicht zur Verfahrensdokumentation ausufernde Bürokratie dar, andere begreifen sie als Chance für das Unternehmen und Mitarbeiter, die sich im Ergebnis auch positiv auf die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, den Unternehmenserfolg und das Unternehmensimage auswirken kann. Der Inhalt einer Verfahrensdokumentation kann sich auf allgemeine Angaben zum Unternehmen beziehen, weiterhin die Prozesse und deren Organisation innerhalb des Unternehmens, Darstellung der technischen Systeme und interne Anweisungen zu IT-Betrieb, -Ausfall und Datensicherheit.  

Weiterhin beschreibt die Verfahrensdokumentation organisatorische Regelungen sowie die Durchführung und Dokumentation regelmäßiger Kontrollen (sog. internes Kontrollsystem - IKS) und die Darstellung der Rollen, erforderliche Fähigkeiten und Verantwortungsbereiche beteiligter Mitarbeiter in den zu dokumentierenden Prozessen. Insbesondere die Beschreibung, Durchführung und Dokumentation von Kontrollen können für den Fall eines Verstoßes gegen steuerliche Verpflichtungen ein Indiz gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder Leichtfertigkeit darstellen.  

In einigen Unternehmenszweigen werden spezielle Verfahrensdokumentationen gefordert, die insbesondere dem Qualitätsmanagement dienen, so z.B. im Nahrungsmittelbereich, aber auch in medizinischen, pharmazeutischen und pflegerischen Tätigkeitsbereichen. Hier sollen jedoch lediglich Verfahrensdokumentationen mit steuerlichen Auswirkungen betrachtet werden. Diese können als Handbuch für Rechnungswesenprozesse eines Unternehmens angesehen werden, da die Buchführung und die Aufzeichnungen eines steuerpflichtigen Unternehmens die Grundlage für dessen Besteuerung bilden.

Woraus ergibt sich die Pflicht zur Verfahrensdokumentation?

Für Kaufleute gelten seit jeher die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB). Hierunter versteht das Gesetz die nachvollziehbare, vollständige, richtige, zeitgerechte und geordnete Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle. Mit zunehmender Digitalisierung auch im unternehmerischen Bereich wurden zusätzliche Regelungen für den Umgang mit elektronischen Daten in der Buchhaltung mit Datenverarbeitungssystemen (DV) erforderlich, sodass das Bundesfinanzministerium (BMF) Mitte der 1990er-Jahre sowie kurz nach der Jahrtausendwende zwei Verwaltungsanweisungen verfasste, und zwar die Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (BoBS) für Unternehmen sowie die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU).  

Letztere regelte die digitale Aufbewahrung von Bilanzen, Belegen, Rechnungen und die Mitwirkungspflichten Steuerpflichtiger bei der digitalen Betriebsprüfung. Diese beiden Verwaltungsanweisungen wurden ab 2015 in den „Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) zusammengeführt. Mit Geltung ab 1.1.2020 hat das BMF die GoBD überarbeitet und mit Wirkung ab 1.4.2024 nochmals angepasst, was im Wesentlichen den Änderungen und Möglichkeiten im digitalen Rechnungswesen geschuldet ist.  

Die GoBD gelten seither für alle Unternehmen, die EDV-Systeme für die Buchführung einsetzen oder rechnungsrelevante Daten in Vor- oder Nebensystemen (z.B. Materialwirtschaft, Kassensystem, Zeiterfassung, Anlagen-, Lohn- und Gehaltsbuchführung) generieren. Es spielt hierbei keine Rolle, ob die Unternehmen eine Bilanz erstellen müssen oder den Gewinn anhand der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln. Die GoBD haben die gesetzlichen Pflichten für Kaufleute aus dem Gesetz in die Verwaltungsanweisung übernommen und dahingehend ergänzt, dass die Buchhaltung zusätzlich jederzeit nachprüfbar und unveränderbar geführt werden muss.  

Zusätzlich hat sich das BMF in mehreren Schreiben zu konkreten Fragestellungen geäußert. Da bei Einsatz von unternehmerischen DV-Systemen für die Finanzverwaltung die Nachvollziehbarkeit des betrieblichen Rechnungswesens sowie sonstiger steuerrelevanter Aufzeichnungen eine zeitintensive Herausforderung im Rahmen der Betriebsprüfung darstellt, besteht die Anweisung, dass für jedes DV-System in einer übersichtlich gegliederten Verfahrensdokumentation der organisatorisch und technisch gewollte Prozess darzustellen ist einschließlich einer allgemeinen Beschreibung des Unternehmens, einer Anwenderdokumentation, technischen Systemdokumentation und einer Betriebsdokumentation. Auch die Zusammenhänge zwischen den Bereichen sind darzustellen.

Was ist unter einer Verfahrensdokumentation zu verstehen

Der Umfang der im Einzelfall erforderlichen Verfahrensdokumentation wird dadurch bestimmt, was zum Verständnis des Datenverarbeitungsverfahrens, der Bücher und Aufzeichnungen sowie der aufbewahrten Unterlagen notwendig ist. Ein konkreter Aufbau der Verfahrensdokumentation ist in den GoBD nicht vorgeschrieben. Das BMF gibt nur generelle Hinweise zur Verfahrensdokumentation.  

Beispiele:

  • Die konkrete Ausgestaltung der Verfahrensdokumentation ist abhängig von der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit sowie der Organisationsstruktur des eingesetzten DV-Systems. 
  • Zur Nachprüfbarkeit der Bücher und sonst erforderlichen Aufzeichnungen ist eine aussagekräftige und vollständige Verfahrensdokumentation erforderlich, die sowohl die aktuellen als auch die historischen Verfahrensinhalte für die Dauer der Aufbewahrungsfrist nachweist. Diese müssen den in der Praxis eingesetzten Versionen des DV-Systems entsprechen.
  • Die Verfahrensdokumentation muss verständlich und damit für einen sachverständigen Dritten in angemessener Zeit nachprüfbar sein.
  • Aus der Verfahrensdokumentation muss ersichtlich sein, wie die elektronischen Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden.
  • Aus der Verfahrensdokumentation und der ordnungsmäßigen Anwendung des Verfahrens muss der automatische Buchungsvorgang nachvollziehbar sein.
  • Die Beschreibung der Vorgehensweise zur Datensicherung ist Bestandteil der Verfahrensdokumentation.
  • Die Aufbewahrungsfrist für die Verfahrensdokumentation läuft nicht ab, soweit die Aufbewahrungsfrist für die Unterlagen noch nicht abgelaufen ist, zu deren Verständnis sie erforderlich und sofern noch eine steuerliche Festsetzung offen ist.  

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verfahrensdokumentation die gesamten organisatorischen sowie technischen Prozesse und Verfahren, die eingesetzten IT-Systeme einschließlich der Zusammenhänge zwischen diesen drei Bereichen erläutern soll. Der Umfang der Verfahrensdokumentation hängt von folgenden Faktoren ab:

  • Größe des Unternehmens,  
  • Organisation des Unternehmens,  
  • Komplexität des Geschäftsfeldes,  
  • Organisationsstruktur des eingesetzten Datenverarbeitungssystems.  

Deutlich erhöhte Ansprüche gibt es an die Verfahrensdokumentationen im E-Commerce-Bereich und Online-Handel. Dies hat seinen Grund in der weitgehend maschinellen Abwicklung ohne weitere manuelle Kontrolle und dem vollständigen Fehlen von Papierbelegen.  

Zu einer Prozessdarstellung des Rechnungswesens gehören mindestens folgende Verfahrensdokumentationen, soweit im Unternehmen relevant:

  • Verfahrensdokumentation zum Rechnungseingang,  
  • Verfahrensdokumentation zur Rechnungserstellung bzw. Rechnungsausgang,  
  • Verfahrensdokumentation zur Beleg- und Dokumentenablage,  
  • Verfahrensdokumentation zum ersetzenden Scannen und  
  • Verfahrensdokumentation zur Kassenführung.

Integration der E-Rechnung in die Verfahrensdokumentation

Ab dem 1.1.2025 wird im unternehmerischen Geschäftsverkehr grundsätzlich die elektronische Rechnung (E-Rechnung) für in Deutschland ansässige Unternehmen bzw. Betriebsstätten verpflichtend. Dies gilt allerdings nur bei geschäftlichen Transaktionen mit anderen Unternehmen, die ebenfalls in Deutschland ansässig sind oder hier eine Betriebsstätte haben, von der aus inländische Umsätze realisiert werden.  

Die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung erfolgt stufenweise und es gibt bis zum 31.12.2027 Übergangsfristen, allerdings nur für den E-Rechnungsversand. Die verpflichtende E-Rechnung wird für steuerbare und steuerpflichtige Umsätze im B2B-Bereich eingeführt.  

Alle Unternehmen ohne Ausnahme müssen jedoch ab 1.1.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen zu empfangen. Dies bedeutet, dass die Verfahrensdokumentation im Bereich des Rechnungseingangs bereits zum 1.1.2025 angepasst werden muss einschließlich der Beschreibung des Prozesses, der technischen Systemdokumentation und der Anwenderdokumentation.  

Integration der E-Rechnung in die Verfahrensdokumentation: Es reicht also nicht aus, zum 1.1.2025 über eine funktionierende E-rechnungsfähige Software zu verfügen, sondern es müssen sämtliche Softwaredaten, Anwenderprozesse etc. bereits in die Verfahrensdokumentation eingearbeitet sein.  

Je nachdem, wie hoch die Umsätze des Unternehmens sind, gilt dies spätestens zwischen dem 1.1.2027 und dem 31.12.2027 auch für den Rechnungsausgang.

Was passiert, wenn eine Verfahrensdokumentation nicht vorhanden ist?

Die Anfertigung der Verfahrensdokumentation bedeutet ohne Zweifel eine erhebliche administrative und finanzielle Mehrbelastung. Daher stellt sich mancher Unternehmer die berechtigte Frage, ob er sich den Aufwand nicht sparen könnte.  

Hier sei darauf hingewiesen, dass mancher Betriebsprüfer die Vorlage der aussagefähigen Verfahrensdokumentation schon vor Beginn der Betriebsprüfung durch Datenüberlassung verlangt. Die Erstellung der Verfahrensdokumentation erst bei Ankündigung der Betriebsprüfung birgt die Gefahr, dass sie den Anforderungen des Prüfers nicht entsprechen wird. Außerdem ist zu beachten, dass auch die älteren Versionen der Verfahrensdokumentation vorgelegt werden müssen, sofern sie den Prüfungszeitraum betreffen.  

Die Gefahr, dass eine inhaltliche und lückenlose Dokumentation nachträglich nicht mehr erstellt werden kann, ist umso größer, je komplizierter und umfangreicher die erklärungsbedürftigen Abläufe, Prozesse und Systeme im Unternehmen sind. Eine mangelhafte Dokumentation allein ist zwar noch kein Grund für eine Gewinnhinzuschätzung.  

Eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation stellt zwar einen formellen Mangel mit sachlichem Gewicht dar. Er führt aber nicht automatisch zum Verwerfen der Buchführung, soweit die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Bücher, Aufzeichnungen und Unterlagen nicht beeinträchtigt ist.  

Wenn die Buchhaltung also inhaltlich stimmt und keine weiteren Verstöße gegen die GoBD vorliegen, sind keine Sanktionen zu befürchten. Leider ist das in der Praxis oft nicht der Fall. Dann kann das Fehlen einer Verfahrensdokumentation zum Zünglein an der Waage werden, insbesondere auch, wenn es um Indizien wie Vorsatz oder Leichtfertigkeit im Bereich der Steuerstraftaten und Ordnungswidrigkeiten geht.

Fazit zur Verfahrensdokumentation nach den GoBD

Die Erstellung der Verfahrensdokumentation ist Pflicht für jedes Unternehmen! Wie umfangreich die Verfahrensdokumentation sein muss, hängt von den Begebenheiten im jeweiligen Unternehmen ab.  

Für sämtliche Unternehmen, die inländische steuerbare und steuerpflichtige Umsätze im B2B-Bereich generieren, ist auch die Einführung der E-Rechnung einschließlich der dazugehörigen Prozesse sowie der IT-Hard- und -Software in die Verfahrensdokumentation zu implementieren. Hier kann die Beratung durch den ohnehin mit den Arbeitsabläufen innerhalb des Unternehmens vertrauten Steuerberater helfen.  

Die Erstellung und Umsetzung der Verfahrensdokumentationen im Unternehmen bietet eine Vielzahl von vorstehend beschriebenen Vorteilen, insbesondere auch im außersteuerlichen Bereich, wie z.B. effiizienteres Arbeiten, höhere Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie betriebswirtschaftliche Vorteile. Auch die Erstellung von z.B. Stellenbeschreibungen geht schneller von der Hand.  

Mit gut dokumentierten Arbeits-, Organisations- und Systemprozessen sieht ein Unternehmen sich für die Zukunft auf eine Betriebsprüfung vorbereitet einschließlich etwaiger Haftungsfragen.  

In steuerlicher Hinsicht verfügen Unternehmen mit vollständiger Verfahrensdokumentation über geringere Risiken, wie z.B. der Nichtanerkennung des Vorsteuerabzugs.

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